Recensioni - Opera

Elektra in Innsbruck: „Die Musik, sie kommt doch aus mir“

Schöne Inszenierung des tragischen Meisterwerks von Richard Strauss in der Tiroler Landeshauptstadt

Als letzter Operntitel der Saison wird Richard Strauss' Elektra, mit dem Libretto von Hugo von Hofmannstahl und der Inszenierung von Johannes Reitmeier, am Tiroler Landestheater in Innsbruck aufgeführt.

Mit Elektra, das Hofmannstahl auf Sophokles' gleichnamiger Tragödie basiert, befinden wir uns auf dem Höhepunkt der post-wagnerianischen Moderne (Uraufführung 1909 in Dresden). Von hier aus begab sich Strauss mit „Der Rosenkavalier“ auf eine einzigartige und persönliche Reise zur Wiederentdeckung des Klassizismus und der metatheatralischen Kontaminationen, während die deutsche Oper mit Schönberg und später Alban Berg einen zunehmend experimentellen und etwas elitären Weg ging.

Elektra bleibt ein Meilenstein, ein Werk, das von Sophokles' Tragödie inspiriert ist, aber in der Psychoanalyse wurzelt, denn die ganze Tragik liegt in der gequälten Seele der Hauptdarstellerin. Die Musik selbst ist nichts anderes als eine Wiedergabe des zerrissenen Geistes von Elektra. So sehr, dass im Finale, wenn Orestes' blutige Rache vollzogen ist, Stimmen in der Ferne für Agamemnons Rächer jubeln und Chrysothemis Elektra fragt: "Hörst du nicht? So hörst du denn nicht?". Elektra antwortet: “Ob ich nicht höre? Ob ich die Musik nicht höre? Sie kommt doch aus mir“.

In diesem Satz liegt der ganze Geist des spätromantischen Symphonismus des frühen Strauss. Eine Musik, die aus dem dramatischen Geschehen Kraft schöpft und zum musikalischen Ausdruck der Qualen von Elektra wird, indem sie Hofmannstahls schönen Text mit einem tiefgründigen, ununterbrochenen und fesselnden musikalischen Afflatus umgibt, der nur mit dem Tod der Hauptdarstellerin enden kann.

Streng, modern und sachlich ist die von Regisseur Johannes Reitmeier gewählte Inszenierung, die von Thomas Dörflers Bühnenbildern und den Kostümen von Michael D. Zimmermann unterstützt wird. Schauplatz ist ein großes Bad, das auch ein Schwimmbecken sein könnte, wahrscheinlich der Ort, an dem Agamemnon getötet wurde und der nun zur Fluchtburg der verzweifelten Elektra geworden ist. Alles spricht von Blut, als ob das „böse Paar“, Klytämnestra und Ägisthos, nach dem Verbrechen nicht in der Lage war, die Spirale der Morde zu stoppen, so dass die Diener oft Eimer voller Blut bringen und sie in das Becken gießen.

Die Szene ist modern, geräumig, aber gleichzeitig klaustrophobisch und kalt, dank des angemessenen Einsatzes von Neonröhren, die den Raum in einem fahlen Licht erstrahlen lassen. Nicht besonders originell, aber passend ist der Verweis auf ein unterdrückerisches, diktatorisches und homologierendes Regime.

Sowohl stimmlich als auch szenisch ist die Besetzung hervorragend, wobei die elegante und perfide Klytemnestra von Angela Denoke hervorsticht: eine Figur, die hochmütig ist, aber von den Albträumen die sie heimsuchen gequält wird. Ihre Stimme ist warm, kontrolliert und passt sich den dramatischen Anforderungen an, mit einer ausgezeichneten Fülle im unteren Register. Ebenso wirkungsvoll ist die Elektra der estnischen Sopranistin Aile Asszonyi mit ihrer ausgedehnten, kontrollierten Stimme, die zu schönen, kalibrierten Expansionen in dem Hochregister fähig ist. Der Künstlerin gelingt es, während ihrer langen Bühnenpräsenz einen glaubwürdigen Charakter zu geben, mit hervorragender Identifikation und stolzen dramatischen Akzenten von trauriger Resignation.

Magdalena Hinterdoblers Crisotemide, die sowohl stimmlich als auch szenisch voll überzeugt, glänzt durch ihre timbrierten hohen Töne und ihre direkte Sopranstimme. Andreas Mattersbergers Orestes war zu Recht umkämpft und stimmlich sicher, und Florian Sterns Ägisthos war präzise und akkurat. Das gesamte übrige Ensemble war hervorragend und harmonisch und trug nicht unwesentlich zum Gesamterfolg bei: Oliver Sailer, Dagmara Kołodziej-Gorczyczyńska, Qiong Wu, Sascha Zarrabi, Stanislav Stambolov, Jennifer Maines, Abongile Fumba, Fotini Athanasaki, Federica Cassati, Susanna von der Burg, Annina Wachter.

Lukas Beikircher dirigierte überzeugend das Innsbrucker Symphonieorchester, das die Partitur in einer reduzierten Version im Orchesterensemble darbot.

Das zahlreiche und aufmerksame Publikum spendete im Finale viel Beifall.

Raffaello Malesci (Sonntag, 25. Juni 2023)