Recensioni - Opera

In Erl die seltene Sneguročka von Nikolai Rimsky-Korsakov

Eine große Produktionsleistung der Tiroler Festspiele für eine Oper, die nicht leicht zu genießen ist. Die Inszenierung ist nicht völlig überzeugend, das Sängerensemble insgesamt gut ausgewählt.

Die Tiroler Festspiele Erl nehmen eine weitere Herausforderung an und kehren mit der österreichischen Erstaufführung von Sneguročka, einer Oper von Nikolai Rimsky-Korsakov, die auf dem gleichnamigen Märchen von Alexander Ostrowski basiert, zum russischen Repertoire zurück. Sneguročka wurde am 10. Februar 1882 im Mariinsky-Theater in St. Petersburg uraufgeführt.

Die Geschichte hat ihre Wurzeln in der heidnischen russischen Mythologie und erzählt von Sneguročka, dem Schneemädchen oder Schneeflöckchen, das abgeschieden mit Väterchen Frost und Mutter Frühling lebt. Um etwas über die Liebe zu lernen, begibt sie sich in die Welt der Männer, wo sich der frisch verheiratete Mizgir in sie verliebt. Seine Frau fordert Gerechtigkeit vor dem Zaren, der beschließt, Sneguročka, die gegen die Liebe der Männer immun ist, demjenigen zu schenken, der sie als Erster dazu bringt, sich zu verlieben. Nach einigen Irrungen und Wirrungen erfährt Sneguročka die Liebe, doch in diesem Moment erscheint der Sonnengott, der das Schneemädchen schmilzt und den ewigen eisigen Winter beendet. Ein Märchen voller traditioneller slawischer und russischer Themen, eine Allegorie der Jahreszeiten, voller Anspielungen auf die Natur und heidnische Mythen, dem Rimsky-Korsakov eine lyrische, von volkstümlichen Melodien und tänzerischen Themen durchdrungene Musik verleiht.

Das kreative Team besteht aus der Regisseurin Florentine Klepper, dem Bühnenbildner Wolfgang Menardi und der Kostümdesignerin Anna Sofie Tuma. In der langen Einführung zum Programm sprechen die Regisseurin und der Bühnenbildner über wichtige Themen. An erster Stelle steht die Ökologie - welcher deutsche Regisseur liest heutzutage nicht alles unter ökologischen Gesichtspunkten? - dann die Radikalisierung der Gesellschaft, das Patriarchat als Mittel der Frauenunterdrückung und so weiter. Das sind alles Themen, die man ohne Zweifel teilen kann, aber sie bleiben leider auf dem Papier. Im Stück, das rein ästhetisch inszeniert ist, sieht man davon wenig bis gar nichts.

Das Bühnenbild von Wolfgang Menardi ist zwar wunderschön und stimmungsvoll. Es umrahmt das Geschehen in einem weißen, mit Kunstschnee bestreuten Halbrund, in dem durch das Heben und Senken verschiedener runder Zäune und das Anheben einer zentralen Plattform eine Reihe unterschiedlicher und abwechslungsreicher Szenarien entstehen, die durch das Licht von Stefan Bolliger sehr gut akzentuiert werden. Die architektonische Ästhetik ist überzeugend, aber sie bleibt ästhetisch und wird mit der Zeit zur Dekoration um ihrer selbst willen, so dass die gleiche Bühne, wenn man der Phantasie freien Lauf lässt, ebenso gut für einen Woyzeck, eine Jenufa oder einen Macbeth mit modernen Ambitionen geeignet wäre. Nichtsdestotrotz bleibt es insgesamt ein ausgezeichnetes Werk, das das Auge erfreut und den Szenenwechsel erleichtert.

Kleppers Inszenierung ist ebenfalls dekorativ, sie beschränkt sich darauf, die Geschichte in einem vorhersehbaren pseudo-zeitgenössischen Ambiente zu illustrieren, unterstützt von den banalen Kostümen von Anna Sofie Tuma. So erleben wir einige für deutsche Produktionen typische Déjà-vus: Tische und Stühle, hier und da verstreut, mit einem Hauch von Naturalismus, der aus Gläsern und Einrichtungsgegenständen besteht; Väterchen Frost und Mütterchen Frühling sind die übliche resignierte Familie, die um einen Tisch sitzt; es fehlt nicht an einem Kühlschrank auf der Bühne, ein weiteres unverzichtbares Ornament der modernisierten Regie; Sneguročka ist ein Teenager im K-Pop-Stil mit Rock und Kopfhörern; der kleine Hirtenjunge Lel ist ein Anhänger der Mode der 1970er Jahre; der Zar trägt den üblichen, unverkennbaren grauen Anzug, den man in Deutschland in den letzten dreißig Jahren in allen möglichen Varianten gesehen hat; der Chor variiert von schwarzen Anzügen mit künstlichen Kerzen (eine modernisierte Cavalleria Rusticana) bis zu generischen pastellfarbenen Kostümen.

Die Tableaux vivants sind vor allem wegen des Kulissen- und Lichtdesigns schön anzusehen, von den im Programmheft genannten kommunikativen Absichten ist keine Spur zu sehen. Die Regisseurin kümmert sich nicht darum, wie sie die zahlreichen Tänze der Oper dramatisieren soll, die Musik läuft weiter, während die Figuren stillstehen. Das Ergebnis ist, dass die märchenhafte Dimension, die in der Musik und im Libretto vorhanden ist, zerstört wird, ohne dass eine klare und brauchbare alternative Dramaturgie an ihre Stelle tritt.

An dieser Stelle möchte ich einige Überlegungen anstellen. Die erste betrifft Rimsky-Korsakow und seine angebliche ökologische Ader. Das Werk ist in der Tat voll von Stücken, die die Natur und natürliche Elemente beschreiben. Jeder kann es lesen, wie er will, und es ist richtig, dass Zeitgenossen Werke aus der Vergangenheit verwenden, um zur Gegenwart zu sprechen. Es sollte jedoch betont werden, dass die Vorliebe für die natürliche Umwelt der russischen Kultur jener Zeit inhärent war. Rimski-Korsakow schrieb Sneguročka im Sommer auf einer Datscha, deren Abgeschiedenheit, weite Natur und Obstgarten er lobte, so wie es Anton Tschechow einige Jahre später in ganz ähnlichen Worten tun sollte. In Wirklichkeit hatte diese Haltung nichts Ökologisches an sich, so wie der berühmte Baummonolog des Astrov in Tschechows Onkel Wanja nichts Ökologisches im Sinne des modernen Empfindens an sich hat.

Die zweite betrifft das, was man als 'transalpinen Regiestil' bezeichnen könnte, wofür diese Inszenierung ein deutliches Beispiel ist. In Italien beklagen wir uns oft und zu Recht über die üblichen allzu klassischen, verstaubten oder banal eleganten Inszenierungen, die Zeffirelli und Pier Luigi Pizzi nacheifern. In den deutschsprachigen Ländern jenseits der Alpen registrieren und beklagen wir die Wiederholung eines entgegengesetzten, aber ebenfalls immer wiederkehrenden stilistischen Musters. Das ist die pseudomoderne Inszenierung, das Regietheater ohne wirkliche Dramaturgie und ohne Ideen, in dem lineare Bühnenbilder, natürliche Farben, moderne Mäntel und Kleider dominieren. In beiden Fällen handelt es sich um einen einfachen Rückzug auf das, was das Publikum zu sehen erwartet. In beiden Fällen handelt es sich um leere Wiederholungen eines vorherrschenden Geschmacks.

Aber zurück zur Sneguročka, um über die Gesangsgruppe zu berichten, die sich im Großen und Ganzen gut behauptete. Zu den besten gehörte der Misgir von Danylo Matvilenko. Der ukrainische Bariton überzeugte in der Rolle des Bösewichts mit einer wohlklingenden, homogenen Stimme und einer gewissen Aufmerksamkeit für die Rolle. Hervorragend war auch Victoria Pitts als Mutter Frühling. Die brasilianische Mezzosopranistin singt gut und schafft es, magnetisch und kommunikativ zu sein. Kupawa war die südafrikanische Sopranistin Nombulelo Yende, die im Finale viel Beifall erhielt. Die Sängerin überzeugte mit ihrer vollen und klangvollen Stimme, vor allem aber mit ihrer starken und magnetischen Bühnenpräsenz. Aaron Cawley behauptete sich als Zar mit Squillo und Klangfarbe in einer eher statischen Rolle. Sneguročka war Clara Kim, die zwar gut sang, aber noch unreif war, was ihre Bühnenpräsenz betraf. Dasselbe gilt für den Countertenor Iurii Iushkevichs als Lel, der zwar über eine kräftige, feste Stimme verfügt, dem es aber an Erfahrung und szenischer Präsenz mangelt. Die Besetzung wird durch Aidan Smith, Carlos Càrdenas, Anna Dowsley und Liam Bonthrone würdig komplettiert.

Dimitry Liss dirigiert die Partitur im Wesentlichen klassisch mit faden und oft zu gleichförmigen Rhythmen. Chor und Orchester der Tiroler Festspiele Erl überzeugen wie immer.

Raffaello Malesci (Mittwoch, 27. Dezember 2023)