Recensioni - Opera

Saverio Mercadantes prachtvolle Francesca da Rimini bei den Tiroler Festspielen in Erl

Ausgezeichnete Inszenierung für die österreichische Erstaufführung der seltenen Oper des apulischen Komponisten

Zum ersten Mal auf österreichischem Boden präsentieren die Tiroler Festspiele Erl eine absolute Rarität: Francesca da Rimini von Saverio Mercadante. Diese Oper wurde von Mercadante 1830 für Madrid komponiert, aber nie zur Aufführung gebracht, weil sein spanischer Rivale Ramòn Carnicer mit der Oper Christoph Kolumbus den Vorzug bekam. Als Mercadante nach Italien zurückkehrte, war von einer Inszenierung an der Scala die Rede, aber ein Streit um das Honorar und der plötzliche Tod des Impresarios Crivelli verhinderten auch dieses Debüt.

Die Oper blieb daher bis zur ersten modernen Aufführung am 30. Juli 2016 im Palazzo Ducale in Martina Franca, in der Heimat des Komponisten, in der Schublade.

Francesca da Rimini, meisterhaft dirigiert von Giuliano Carella, bietet mehr als nur einen interessanten Aspekt. Tatsächlich ist das Werk überwiegend im Belcanto-Stil des frühen 19. Jahrhunderts angelegt, mit einer majestätischen Struktur und einem frischen und abwechslungsreichen melodischen Erfindergeist, der zwar nicht an Bellini heranreicht, sich aber durchaus behaupten kann. Andererseits gibt es auch dramaturgische und musikalische Lösungen, die die Oper einen Schritt vor Verdis Revolution stellen, die kurz darauf beginnen sollte. So finden wir den dramatischen Einsatz von Terzetten und Concertati in Kombination mit der häufigen Anwesenheit des Chors, mit großen Ensemblestücken, die einige Jahre später das Markenzeichen des jungen Verdi sein werden.

Eine interessante musikalische und dramaturgische Wiederentdeckung also, hervorragend inszeniert von Regisseur Hans Walter Richter, der für das Bühnenbild von Johannes Leiacker und für die Kostüme von Raphaela Rose unterstützt wurde. Zwei große weiße Wände rahmen die Szene ein, an deren Öffnung die Ruine einer gotischen Kirche im rein romantischen Stil erscheint. Der Handlungsverlauf wird in die Zeit der Komposition der Oper verlegt und die Regie folgt die Geschichte immer angemessen und kohärent. Anlässlich der gefühlvollsten Arien öffnet sich das große Portal und enthüllt zwei oder mehr Tänzer, die die Gefühle der Protagonisten tänzerisch interpretieren. Eine einfache Lösung, aber von großer poetischer Wirkung.

Der Chor, der immer hervorragend organisiert ist, kommentiert und folgt fast im griechischen Stil die tragische Geschichte von Paolo und Francesca. Der Regie kommt daher das Verdienst zu, dass man der Oper mit Vergnügen und Aufmerksamkeit folgt, auch über einige unvermeidliche Stockungen hinaus, die für Opernprodukte des frühen 19. Jahrhunderts typisch sind, in einer Zeit, in der das Theatererlebnis ganz anders war als heute.

Das Dirigat von Giuliano Carella, einem wahren Spezialisten für dieses Repertoire, war üppig, aufmerksam und kalibriert. Die Gesangsgruppe ausgezeichnet. Vor allem Karolina Makula präsentiert uns einen glaubwürdigen Paolo en transvestì, hervorragend gesungen und mitreißend gespielt. An seiner Seite ist Anna Nekhames eine zitternde und tragische Paola, unterstützt von einer wichtigen und gut geführten Stimme. Theo Lebow nimmt die schwierige Tenorpartie des Lanciotto mutig in Angriff und macht sich durch seinen Stil und seine stimmliche Klarheit bemerkbar. Erik van Heyningen ist ein imposanter und hieratischer Guido. Karolina Bengtsson (Isaura) und Francisco Brito (Guelfo) vervollständigen die Besetzung auf hervorragende Weise.

Großer Erfolg im Finale mit zahlreichen Aufrufen.

Raffaello Malesci (28 Dezember 2022)