Recensioni - Opera

Verona entdeckt Franco Faccios Hamlet neu

Interessante Neuinszenierung im Teatro Filarmonico

Die Fondazione Arena und das Teatro Filarmonico zeigen Hamlet des Veroneser Komponisten Franco Faccio nach einem Libretto von Arrigo Boito.

Die Oper wurde 1865 in Genua am Teatro Carlo Felice mit großem Erfolg uraufgeführt. Einige Jahre später wurde sie an der Mailänder Scala wiederaufgenommen, wo sie vom Publikum so schlecht aufgenommen wurde, dass Franco Faccio beschloss, die Partitur zurückzuziehen und sie in Vergessenheit geraten zu lassen.

Die Inszenierung des Filarmonico ist somit die erste italienische Aufführung in der Gegenwart. Eine innovative und mutige Entscheidung des Veroneser Opernhauses. Die Oper ist in der Tat aus mehreren Gründen interessant, angefangen bei dem kuriosen Libretto von Arrigo Boito, das der „scapigliatura“ gewidmet ist, einer für die damalige Zeit neuen und provokanten literarischen Strömung. Eine gute Übung also für Boitos spätere große Shakespeare-Reduktionen, die von Verdi vertont wurden.

Gewiss, Boito scheint es manchmal zu übertreiben mit Zitaten, mit Begriffen aus der Zeit Dantes, mit gewagten metrischen Mischungen. Das war damals im Mailand der Mitte des 19. Jahrhunderts in Mode: neue Kunst, prätentiös, mutig. Die Musik von Franco Faccio hat manchmal Mühe sich anzupassen, aber sie überzeugt an mehreren Stellen, vor allem in der großen Begräbnisszene des dritten Aktes. Natürlich bleiben die 'geschlossenen Stücke' erhalten, aber sie werden immer mit Originalität und Experimentierfreude behandelt. Man hört die Offenheit für die europäische Sinfonik. Man spürt, dass Wagner jenseits der Alpen angekommen ist.

Die dramaturgische Umsetzung ist prägnant, theatralisch, voller Mischungen aus Tragik und Komik: Das an Ophelia gerichtete "fatti monachella..." (etwa: "Mach dich zum Nonnchen") ist in diesem Sinne erhellend. Boito und Faccio sind kompromisslos und wählen keine einfachen Wege: besonders im ersten Akt haben wir eine straffe Handlung, in der der Chor fast immer präsent ist und die Figuren zwischen den Chorpassagen theatralisch agieren müssen. Auch das abschließende Duell ist nicht ohne Action und verlangt vom Protagonisten, der sich in der Szene mit den Totengräbern mit Laerte prügeln muss, eine gewisse Körperlichkeit.

Die Inszenierung von Paolo Valerio ist im Wesentlichen klassisch, effektiv vor allem in den düsteren Szenen wie die der Totengräber und der Beerdigung Ophelias, in denen es ihm gelingt, den Chor wirkungsvoll zu bewegen. In den theatralischeren Szenen hingegen fehlt es an Erfindungsgeist und man verlässt sich auf banale Tableaux vivants und theatralische Posen.

In der Scheinkomödie werden die wandernden Schauspieler, die an den Hof von Elsinore gekommen sind, durch den Puppenspieler Hamlet in Marionetten verwandelt, die an roten Fäden hängen. Die Idee ist interessant, die szenische Umsetzung leider weniger. Seltsamerweise übersetzt Boito sie im Libretto sehr frei als 'Sänger' (Cantori) und nicht als Schauspieler, denn auch sie müssen im Stück ein Drama mit Musik spielen. Alles dreht sich also um die Oper: Boito will die Welt der Oper erneuern, und sein Hamlet soll ein Beispiel dafür sein.

Zu zahlreich und nicht immer aussagekräftig sind die Projektionen, die ständig auf mehreren Tripolinvorhängen gezeigt werden. In der emblematischen Szene von Hamlets Selbstgespräch kommt ein Spiegel zum Einsatz, der etwas zu sehr an die identische Lösung von Kenneth Branagh in der Hamlet-Verfilmung von 1996 erinnert. Die Kostüme von Silvia Bonetti sind auf der einen Seite sehr geradlinig, aber auf der anderen Seite nicht besonders originell, dafür aber sehr gut geeignet, einen illustrativen Effekt zu erzielen.

Das Fehlen einer gründlichen Theaterarbeit ist spürbar, so dass es allzu oft an Realismus mangelt. Die Inszenierung ist jedoch fair, ebenso das ehrliche Bemühen, die Komplexität der Oper theatralisch darzustellen.

Insgesamt war das Sängerensemble gut, wobei Angelo Villari die Schwierigkeiten der Hauptrolle mit einer festen, klangvollen und wohlklingenden Stimme souverän meisterte. Ihm zur Seite stand der Claudio von Damiano Salerno: eine klare Stimme, hervorragend intoniert und präzise in der Phrasierung. Marta Torbidoni überzeugte als Gertrud mit Stimme und Volumen und gab eine entschlossene und willensstarke Königin. Gilda Fiume übertreibt, indem sie die schwierige Partie der Ophelia zu zart gestaltet.

Vorsichtig, aber immer professionell der Rest der großen Besetzung: Francesco Leone, Alessandro Abis, Davide Procaccini, Saverio Fiore, Abramo Rosalen, Enrico Zara, Francesco Pittari, Marianna Mappa, Nicolò Rigano, Maurizio Pantò, Valentino Perera.

Giuseppe Grazioli dirigierte mit Aufmerksamkeit und brachte besonders die pompöse Seite der Partitur zur Geltung.

Hervorragender Publikumserfolg im Finale.

Raffaello Malesci (Sonntag, 22. Oktober 2023)